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íslenska

Morgengebet

Morgengebet
Author
Thor Vilhjálmsson
Publisher
Óskráð
Place
Berlin
Year
2011
Category
German translations


Publisher: Osburg Verlag.



The novel Morgunþula í stráum, translated to German by Gert Kreutzer, who also wrote an afterword.



About the book:



Der Isländer Sturla Sighvatsson, der von 1199 bis 1238 lebte, ist ein Mitglied der mächtigen Familie der Sturlungen. Im Kampf der Clans um die Herrschaft auf der Insel verstrickt sich Sturla in Schuld, auch gegenüber dem Bischof. Mit einer Pilgerfahrt nach Rom hofft er, vom Papst Vergebung seiner Sünden zu erlangen. Seine abenteuerliche Fahrt wird eine Reise zu sich selbst, an deren Ziel aber der ehrgeizige Sturla scheitert.



Mit seiner poetischen, kraftvollen Sprache und in eindrücklichen Bildern gelingt Thor Vilhjálmsson ein grandioses Panorama des europäischen Mittelalters.



Dieser Roman des Nestors der isländischen Literatur gehört zu seinen bedeutendsten und tiefgründigsten Werken.



From the book:



Am Fuß des Berges (1223)



Der Fluss strömte dahin.



Es kam ihm in den Sinn, aus dieser lichten Wolke, die ihn ganz unten am Fuß des hohen Gebirges umhüllte, weiterzugehen, aus der Felsenspalte heraus und immer weiter, was ihn auch dort erwarten würde; in eine Welt hineinzugehen, die beruhigen oder verzaubern könnte, eine kühle Welt. Wo Ungeheuer herrschten, keine Menschen: Trolle, Hexen, Gespenster und riesig starke, aus der menschlichen Gesellschaft Verbannte, die zu Trollen wurden oder einem Fuchs, vielleicht einem herrenlosen Schaf, reiner Schnee, ein Gletscher. Bis zur Erschöpfung laufen und mit verführerischen Träumen einschlafen.



Er war vom Berg herabgekommen, der Fluss strömte grau unter dem Himmel, der mit einer Wolkendecke verschwamm; schlängelte sich durch das grüne Heideland, das von bevorstehenden Herbst rot geworden war. Feuchte, graue Geröllhaufen schwangen sich um getrocknete Wege aus dem Vorjahr, die Ufer waren rosa, wo der Fluss unter dem Grund vor sich hin sang, der Wind versuchte, einen Ton aus einem schwachen Halm zu locken.



Er stutzte, als er den Mann bemerkte, der auf ihn wartete und darüber eingeschlafen schien. Er wanderte mit den Augen die steilen Hänge hinauf, wo er gegangen war, über Geröll und Dornen. Der Stein war dunkel geworden, der ihm oben im Berg so hell entgegengeleuchtet hatte, bevor er über den ruhelosen Geröllhang zu diesem prächtigen Thron gestiegen war, um die Entfernung vom Steilhang hinunter zu schätzen und mit der Entfernung hinauf auf die obersten Felsspitzen und Felsenburgen zu vergleichen. Ganz oben in den Gipfeln waren Felsnadeln, als hätte man den Schnabel eines Ewigkeitsvogels scharf geschliffen, der dort säße und sich nicht zum Flug erhöbe bis zum Jüngsten Tag.



Er stand still und ließ nur seinen Schatten den großen, kräftig gebauten Mann berühren und nahm sich Zeit, den Staub aus dem Heideland und die Pferdehaare abzuklopfen. Fragte aber nichts, sagte nichts. Sie gingen ohne Eile miteinander, um ihre Pferde zu suchen. Er hatte das Gefühl, dass Svarthöfði ihn heimlich ansah, als solle er selbst es nicht bemerken.



Dann ließen sie die Pferde über den sandigen Boden trotten; mit Steinen hier und da, die den sanften Kland des Hufschlags zu einem scharfen Klirren und Klopfen steigerten. Ein Rabe an der Felswand. Der Watvogen löste ihn ab, als er über den Fluss kam, um die Wanderer irrezuführen und sie von seinen kleinen Jungen abzulenken. Denn hier gingen Helden, Gefahr.



(48-49)


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